Double Diary: Ein Film, 36 Bilder, 2 Mal belichtet. Merle Diekmann und Janine Oswald im Interview.

In diesem Monat stellen wir in unseren Tribu-Dialogen die künstlerische Kooperation Double Diary von Janine Oswald und Merle Diekmann vor.

Merle und Janine haben wir im Workshop Poetisches Foto-Essay kennengelernt. Die beiden verbindet ein poetischer Blick auf das Leben sowie die Liebe zur analogen Fotografie. 

In ihrem gemeinsamen Projekt Double Diaries verbinden sie ihrer beiden Leben, indem sie eine Filmrolle nacheinander in ihre Kameras einlegen. Dabei steht der Prozess im Vordergrund. Durch die zweifache Belichtung und zufällige Kombination entstehen zarte, vielschichtige Bilder. Das Ergebnis ist komplett zufällig und gleichzeitig wundervoll harmonisch. Die Double Diaries sind verdoppelter Alltag, verdoppelte Poesie. Obwohl Merle und Janine mehrere 100 km voneinander entfernt leben, entsteht durch dieses Projekt eine emotionale Nähe, die sich auch in den Fotos zeigt. Ihre vielschichtigen gemeinsamen Doppelbelichtungen erzählen von ihrer Freundschaft und einem verbindenden, achtsamen Blick auf den Alltag.

Wir haben Janine und Merle einige Fragen zu ihrem kreativen Prozess gestellt.

Wie hat euer Dialog angefangen?

Merle: Ich habe im Sommer 2022 Janine beauftragt, Bilder von mir und meiner Familie zu machen. Insgeheim habe ich mir zusätzlich erhofft, Einblick in ihren Weg als Fotografin zu bekommen, da ich selbst es mich noch nicht getraut hatte Aufträge als Fotografin anzunehmen. Unser Treffen hat sich ab der ersten Minute locker und leicht angefühlt und wir hatten direkt eine Verbindung. Nachdem wir den ganzen Tag miteinander verbracht hatten, saßen wir abends noch sehr gemütlich mit Tee und Kuchen zusammen und haben ewig über die Fotografie und uns gesprochen. Für mich war dieser Tag ein Schlüsselerlebnis für alles was danach für mich und meine Fotografie folgte.

Janine: Wir merkten schon bei unserem ersten Treffen, dass es irgendwie passt zwischen uns.

In der Retrospektive klingt es wie ein Date. Aber ehrlich gesagt war es das auch irgendwie: Freundschaft und Verbundenheit auf den ersten Blick.

Wir saßen bei Kuchen und Kerzenschein an einem Abend noch lang zusammen und tauschten uns über die Fotografie und unsere Visionen aus. Danach telefonierten wir oft und nach ein paar Monaten kam mir die Idee einen Fotofilm zu teilen und die Bilder doppelt zu belichten. Einmal mit Merles und einmal mit meiner Version. Wir probierten etwas herum, aber unsere beiden Bilder auf einem Bild kombiniert zu sehen, erfüllt mich mit so viel Glück.

In welcher Art und Weise fließen die Erfahrungen aus dem Workshop Poetisches Foto-Essay in euren Dialog mit ein?

Merle: Es hat sich gefügt, dass Janine und ich uns zusammen bei Inspiralab für einen Workshop angemeldet haben. Zu dem Zeitpunkt war unser Double Diary schon geboren und der erste Film war verschossen. Die Tür die sich durch den Workshop für mich geöffnet hat, war ein weiterer Meilenstein für mich und meine Fotografie.

Endlich erlaubte ich mir, meine Bilder nicht mehr mit dem Perfektionsdruck vorzudenken, sondern meiner Intuition zu folgen, den Moment zu fühlen und mich auszuprobieren. 

Janine: Ich denke in dem Workshop hat sich unser Band noch weiter gefestigt. Für mich persönlich war es eine echte Überwindung, mit mir und meiner Fotografie in die Tiefe zu gehen. Mit Merle an meiner Seite hat sich dieser Schritt irgendwie leichter angefühlt. Außerdem war für mich klar, dass ich meine private Fotografie wieder mehr in den Fokus stellen möchte. Dazu gehört auch unser Projekt. Euer Workshop war für diesen Schritt ein sehr wichtiger Meilenstein und eine wunderbare Erfahrung. Meine Kunst mit anderen Künstlerinnen zu teilen, in den Dialog zu gehen, hat mir bis zu diesem Zeitpunkt sehr gefehlt.

Wie geht ihr vor?

Janine: Eigentlich ist es ganz einfach. Einer von uns beginnt mit einem neuen Film bis nur noch 2-3 Bilder übrig sind und spult den Film händisch zurück, kurz bevor der Film in die Filmrolle eingezogen wird. Dann wird der Film an eine von uns verschickt und wieder eingelegt und neu belichtet. Wir haben bereits etwas herum probiert und die Filme unterschiedlich belichtet. Dies ist ein Prozess und irgendwie immer wieder spannend, sich von dem Ergebnis und den Motiven überraschen zu lassen.

Wie fühlt es sich an, zusammen kreativ zu sein?

Janine: Für mich fühlt es sich unser Dialog wie eine Auszeit an. Ich spüre so viel Leichtigkeit und kreative Schaffenslust. Dieser Überraschungsmoment am Ende ist einfach etwas ganz Besonderes.

Merle: Ich fühle mich durch unseren Dialog Janine nah, als Fotografin und als Freundin und achte unseren kleinen gemeinsamen Schatz sehr. Die Zufälligkeit der Bilder tut meiner Sehnsucht nach Leichtigkeit und Spontanität gut und ich freue mich über all die kleinen Kunstwerke, die dadurch entstehen.

Hat der Dialog auch Einfluss auf eure Auftragsarbeiten?

Merle: ich sehe den Dialog als Kreativpause an, in der ein ganz freies Arbeiten möglich ist, ohne große Konzeption und Erwartung. Dieses Spielen mit dem Film macht es für mich zu einer Pause zum Durchatmen. 

Janine: Ich ziehe aus unserer Zusammenarbeit so viel positive Energie und schöpfe Kraft für meine Auftragsarbeiten.

Ohne persönliche Fotografieprojekte kann ich langfristig keine kreative Dienstleisterin sein. Das war für mich vor ein paar Monaten eine sehr wichtige Erkenntnis.

Entstehen durch den Dialog Bilder, die ihr sonst nie gemacht hättet?

Janine: Ich glaube, jedes Bild ist so anders und vorhersehbar. Durch die ja eher zufällige Zusammenführung der Bilder, empfinde ich jedes einzelne Bild als kleines Kunstwerk. Man muss sich Zeit nehmen, jedes Bild genau zu betrachten und findet oft auf den zweiten Blick noch ein weiteres Detail. Manchmal erwische ich mich dabei, wie ich darüber nachdenke, wie Merle das wohl jetzt fotografieren würde und was sie wohl gerade so macht. Diese eine Filmrolle als verbindendes Element zu haben ist einfach wunderschön. 

Wo kann man eure Bilder bewundern?

Wir posten unsere Bilder in unregelmäßigen Abständen auf unseren privaten Accounts:

Janine: @janineoswald_
Merle: @colilha

Vielen Dank liebe Merle und liebe Janine für den inspirierenden Einblick in euer Double Diary.


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